Frustration entsteht immer dann, wenn ein Verhalten nicht zum gewünschten Ziel führt, wenn Bedürfnisse nicht befriedigt werden können oder eine erwartete Belohnung ausbleibt. Auch wenn Belohnungen seltener oder geringer als erwartet ausfallen entsteht Frust. Kein Wunder, dass wir uns im Training mit dem Hund mit Frustration beschäftigen müssen, nicht nur seitens des Hundes. Auch wir erleben oft Frust, wenn wir mit unserem Hund üben und unsere Erwartungen nicht erfüllt werden. In diesem Blog-Artikel möchte ich mich deshalb mit diesem Thema näher befassen und euch das Thema etwas näher bringen.
Frust ist ein negatives Gefühl, das zu einer Steigerung des Erregungslevels und auch zu Meideverhalten führt. Es steigert Angst- und Aggressionsverhalten, führt zu Übersprungsverhalten und Lautäußerungen. Empfinden wir oder unser Hund Frust, geht es uns nicht gut. Dies hat negative Auswirkungen auf uns und wir sollten versuchen Frust im Hundetraining so gut es geht zu vermeiden. Das ist natürlich gar nicht so einfach. Aber nun betrachten wir zuerst einmal was passiert, wenn gezeigtes Verhalten nicht zum Ziel führt.
Zeigt der Hund ein Verhalten, das in der Vergangenheit belohnt wurde und nun bleibt die Belohnung aus passt der Hund sein Verhalten an. In der regel wird das Verhalten zunächst mehr, weil der Hund ja gelernt hat, dass es eine Belohnung gibt. Er wird das Verhalten also verstärkt zeigen um an seine Belohnung zu kommen. Merkt er nun, dass es tatsächlich keine Belohnung gibt wird das Verhalten graduell weniger und taucht irgendwann nicht mehr auf, weil es schließlich durch ein anderes Verhalten ersetzt wird. An einem Beispiel erklärt: Ein Welpe darf in der Welpengruppe mit den anderen Welpen spielen. Um zu trainieren, werden alle Welpen angeleint. Nun möchte der Welpe aber weiterspielen und springt in die Leine, um zu den anderen Welpen zu gelangen (er möchte sein Bedürfnis nach Sozialkontakten befriedigen). Schafft er es nicht, zu den anderen zu gelangen (Belohnung bleibt aus, da hier der Sozialkontakt die Belohnung wäre) wird er immer stärker in die Leine springen. Nach einer Weile merkt er, dass das in die Leine springen nicht zum Ziel führt. Der Welpe ist frustriert, das Verhalten nimmt ab und wird ersetzt durch ein Übersprungsverhalten. Der Welpe springt jetzt nicht mehr in die Leine sondern beißt in die Leine und zerrt daran. Die Frustration hat sich ein Ventil gesucht, da sie Energie freisetzt, die in irgendeiner Form abfließen muss.
MERKE: "Ein Hund kann nicht NICHTS tun!"
Ein Hund der Frustration erlebt wird unerwünschtes Verhalten zeigen, was wiederum bei uns Hundehaltern Frust auslöst. Deshalb ist es unglaublich wichtig, dieses negative Gefühl möglichst zu vermeiden!
Die häufigsten Auslöser für Frustration sind Trainingsfehler, unstrukturiertes Training, nicht bedürfnisgerechte Auslastung, ein nicht einschätzbares Verhalten des Hundehalters und ständige Kontrolle und Reglementierung durch den Besitzer. Schauen wir uns also an, wie wir Frustration vermeiden oder abbauen können!
Frustration kann nicht außerhalb der Situation abgebaut werden. Hat der Hund also während der Trainingseinheit Frust bringt es wenig mit dem Hund später eine Stunde Radfahren zu gehen. Man kann die Situation nur vermeiden oder den Frust durch anderweitige Befriedigung des Bedürfnisses in der jeweiligen Situation abbauen. Ein Beispiel: Dein Hund sieht ein Reh und möchte dieses hetzen. Du hältst ihn an der Leine fest. Nun ist dein Hund frustriert, weil er nicht hinterherrennen kann. Er kann sein Bedürfnis nach hetzen nicht befriedigen. Um die Frustration abzubauen könntest du ihn für ruhiges Verhalten belohnen und ihn dann ein Spielzeug hetzen lassen. Es ist also unbedingt notwendig, dass du viele verschiedene Belohnungsvarianten für deinen Hund zur Verfügung hast, die die Bedürfnisse deines Hundes abdecken. Diese Belohnungen nennt man funktionale Verstärker.
Der erste Schritt zur Reduktion von Frust ist das Erstellen einer Top-20-Liste. Du schreibst dir 20 Dinge auf, die dein Hund gerne, also aus einem positiven Gefühl heraus tut. Dabei solltest du auch unbedingt die Dinge aufschreiben, die dein Hund nicht tun darf, aber gerne würde. Nun sortierst du sie so, dass das absolute Highlight deines Hundes auf Platz 1 steht.
Betrachtest du dann deine Liste kannst du genau erkennen, welche Bedürfnisse dein Hund hat, welche er regelmäßig ausleben kann und welche nicht. Dein Hund sollte seine Bedürfnisse möglichst oft ausleben dürfen, wenn sie niemanden gefährden. Ist das nicht möglich, solltest du unbedingt darauf achten, dass dein Hund eine Alternative zur Bedürfnisbefriedigung erhält (statt Reh hetzen einen Felldummy hetzen, etc.) oder die Auslöser vermeiden. Ist beides nicht möglich weißt du, dass dein Hund sehr viel Frust erlebt!
Frustration und Impulskontrolle - ein Zusammenspiel
Impulskontrolle ist die Kunst einem Impuls nicht nachzugehen und Verhalten zu unterdrücken. Wie viel Impulskontrolle benötigt wird hängt davon ab wie groß das Bedürfnis ist, welches der Hund unterdrücken muss und wie verlockend das Angebot des Nachgebens ist (Nehmen wir wieder unseren Welpen als Beispiel, dann ist es für ihn einfacher sein Bedürfnis nach Kontakt zu Artgenossen zu kontrollieren, je weiter diese von ihm entfernt sind.). Auch unser Training erfordert Impulskontrolle, da sich der Hund jedes Mal gegen Umweltreize entscheiden muss.
Impulskontrolle kann nicht aufgebaut bzw. nicht durch Training gesteigert werden. Sie ist zu einem gewissen Grad vorhanden und kann nur durch Schlaf, Ruhephasen und hochwertiges Futter regeneriert werden. Du kannst dir das vorstellen wie ein Glas voller Murmeln. Jedes Mal, wenn dein Hund Impulskontrolle benötigt werden die Murmeln im Glas weniger bis letztendlich das Glas leer ist. Dann schafft dein Hund es nicht mehr sich zu kontrollieren und dem Bedürfnis zu widerstehen. Es ist ihm also nicht möglich deinen Signalen zu folgen. Das hat dann auch gar nichts mit "Sturheit" oder "Dickschädel oder "Kein Bock" zu tun, sondern ganz einfach mit Wissenschaft!
Für uns Hundehalter heißt das, dass wir genau überlegen sollten, in welchen Situationen wir vom Hund Impulskontrolle abverlangen und in welchen eben nicht. Wann ist es uns wichtig, dass unser Hund sich zurückhalten kann und welche Übungen sind unnötig. ich erinnere hier gerne an die Übung dem Hund ein Leckerli vor die Nase zu legen und ihn warten zu lassen, bis er es auf Signal nehmen darf. Die Frage ist, ob diese Übung bei einem Hund, der sich bei Hundebegegnungen nur schwer zurücknehmen kann Sinn macht! Mir persönlich wäre viel wichtiger, dass wir uns die Impulskontrollmurmeln für die Begegnungen aufsparen. Denke genau nach, wie du deinen Alltag gut planen kannst, damit dein Hund die Impulskontrolle gezielt einsetzen kann. Weniger ist manchmal mehr. Ein Spaziergang von 30-45 Minuten, der Bedürfnisse befriedigt und den Hund beschäftigt ist manchmal besser als stundenlanges Spazierengehen mit unzähligen Reizen für den Hund, denen er widerstehen muss.
Übrigens möchte ich hier darauf hinweisen, dass Impulskontrolle extrem viel Glukose im Hirn verbraucht und wir diesen Speicher unbedingt mit kohlenhydratreicher Ernährung auffüllen sollten. Deshalb überdenke das Futter deines Hundes, wenn du das Gefühl hast, dass es ihm schwer fällt sich zurückzunehmen.
Was hat das jetzt mit Frustration zu tun? Ganz einfach: Je frustrierter unsere Hunde sind, desto mehr Impulskontrolle benötigen sie. Und andersrum: Je größer die Frustrationstoleranz des Hundes ist, desto weniger Impulskontrolle benötigt er.
Im Gegensatz zur Impulskontrolle können wir die Frustrationstoleranz tatsächlich steigern. Eine gute Möglichkeit ist das Training über verschiedene Belohnungsvarianten.
Frustration im Training verringern
Je mehr Erfolge dein Hund hat, desto weniger Frust hat er. Achte deshalb unbedingt darauf, dass du Verhalten, das dein Hund zeigt und du gut findest ausreichend belohnst! Bau dein Training deshalb unbedingt kleinschrittig auf und verlange nicht zu viel von deinem Hund. Das verhindert übrigens auch Frust bei dir!
Nutze funktionale Verstärker (verschiedene Belohnungsvarianten, siehe Top-20-Liste) und achte darauf, wann du welche Belohnung verwendest.
Schau, das dein Hund genügend Ruhephasen hat, Zeit um sich zu entspannen (gezieltes Entspannungstraining ist immer sinnvoll) und dass er Freizeit hat, in der er unbeschwert spielen kann. Dazu gehört auch Sozialkontakt zu Artgenossen, Bedürfnisbefriedigung und Kontaktliegen zum Besitzer.
Versuche Stress so gut wie möglich zu reduzieren oder zu vermeiden.
ABER: Ein wenig Frustration mit anschließender Belohnung steigert die Frustrationstoleranz.
In unserer Welpengruppe machen wir zwischen den Spieleinheiten immer wieder Pausen. Natürlich ist es für die Welpen frustrierend, wenn sie vom Besitzer aus dem Spiel geholt werden. Deshalb ist es unglaublich wichtig, dass nach dem Anleinen etwas Tolles für den Welpen folgt. Unsere Welpenbesitzer werden dazu angeleitet ihren Hund zu belohnen, wenn das Spiel beendet wird. das gilt aber ebenso für erwachsene Hunde. Unterbricht man eine für den Hund tolle Tätigkeit, sollte die Belohnung hochwertig sein bzw. das Bedürfnis des Hundes befriedigen.
Überdenke dein Training, deinen Alltag und deinen täglichen Spaziergang mit deinem Hund. Erstelle eine Top-20-Liste und schau, welche Bedürfnisse dein Hund hat. Du kannst euer Training unglaublich stark verbessern, wenn du Frustration reduzieren kannst und die Bedürfnisse deines Hundes befriedigen kannst!
Wenn du im Training mit deinem Hund selbst oft Frust erlebst versuche dir Zwischenziele zu formulieren und diese zu notieren. Schreibe so viele Zwischenziele auf, wie es nur geht und notiere deine Trainingsfortschritte.
Zudem würde ich dir raten einmal aufzuschreiben, was dein Hund schon kann und von sich aus auch schon toll macht. Es gibt sicher viele Dinge, die dein Hund schon gelernt hat und Situationen, in denen er sich super verhält. Hast du einmal einen schlechten Tag oder es hat nicht alles so geklappt, wie du es dir wünschst ist es toll, so eine Liste zu haben und sich vor Augen zu halten, was ihr schon erreicht habt!
Möchtest du speziell und gezielt mit deinem Hund daran trainieren freuen wir uns sehr, wenn du uns ansprichst!